Kirchenaustritt

Man geht zum Standesamt und erklärt seinen Austritt. - Vielleicht ist es möglich, dass wir vorher noch ins Gespräch kommen?

 

Viele Gründe, aus der Kirche auszutreten

Man hat sich über etwas geärgert: Der Pastor hat einen Besuch vergessen. Die Diakonin hat nicht auf die Mail geantwortet. Der Kirchen-vorsteher hat sich missverständlich ausge-drückt. Das Gemeindeglied, das "immer zur Kirche rennt", lebt gar nicht christlich. Fehler in der eigenen Kirchengemeinde.

 

Der Papst hat was gegen die Pille gesagt. Ein Kardinal hat ein Haus viel zu teuer eingerichtet. Die Medien haben schlimme Missbrauchsfälle an den Tag gebracht. Der Landesbischof vertritt eine Meinung, die man selbst nicht teilt. - Ob katholisch oder evangelisch, "die da oben" machen auch nicht alles richtig.

 

Glaubenskriege im Mittelalter, Inquisition gegen Frauen, Intellektuelle und Wissenschaftler, die Länder Afrikas und Südamerikas wurden mit Gewalt eingenommen. - Schwierige Phasen in der Geschichte.

 

Passt Schöpfung und Evolution zusammen? Kann ich an einen Gott glauben, den ich nicht sehe? Ist die Bibel Gottes Wort? Sind Wunder möglich? Stehen in der Bibel nur Märchen, die vielleicht irgendeine Wahrheit enthalten oder nicht wirklich passiert sind? Glauben alle Religionen an dasselbe, an das, was man sowieso im Herzen trägt, so dass man nicht unbedingt bei einer Religion mitmachen muss? - Gedanken, die die Haltung zur Kirche bestimmen.

 

"Ich bin nur wegen des Geldes ausgetreten. Meinen Glauben kann ich auch für mich haben, dazu brauche ich keine Kirche."  - "Oder jedenfalls nicht diese."

 

Was kann man dazu sagen?

Unterschiedliche Menschen haben unterschiedliche Erfahrun-gen gemacht. Sofort dagegen zu argumentieren, hilft oft nicht, lieber erst mal zuhören: "Erzähl doch mal: Was hast du erlebt?"

Vielleicht empfindet man dann: Wäre ich so aufgewachsen wie diese Person aufgewachsen ist... Hätte ich erlebt... würde ich ähnlich denken?

 

Im Gespräch könnte man dann vielleicht entdecken, dass manches Urteil etwas schnell gefällt wurde. Mit mehr Hintergrundwissen sähe das Bild noch anders aus:

Manches konnte der Pastor gar nicht wissen. Dass die Diakonin nicht geantwortet hat, lag am kaputten Computer.  Das Wort des Kirchenvorstehers war anders gemeint...

Die die Glaubenskriege geführt haben, haben das nicht im Sinne von Jesus getan. Vielleicht waren sie gar keine Christen? Jesus sagt jedenfalls, dass sich der Glaube durch Vorleben verbreitet, nicht durch Gewalt...

Wir erfahren in den Medien von Skandalen. Man könnte auch mal berichten, dass es engagierte Christen gab, die viel Gutes für die Gesellschaft getan haben: Wilberforce hat sich für die Abschaffung von Sklavenhandel eingesetzt. Martin Luther King gegen Rassismuss. Mutter Teresa für die Lebra-Kranken. J.H. Wichern in Hamburg für die  Kinder auf der Straße. Bodelschwingh in Bethel für die Behinderten. Dietrich Bonhoeffer und andere in der Nazi-Zeit für die Juden... - Sie haben sich dabei aufgeopfert. Einige haben das Leben gelassen.

Passen Glaube und Wissenschaft zusammen? Ja. Wenn es nicht so wäre, wären nicht so viele Wissenschaftler Christen. Die Frage ist eher, ob man sich die Zeit nehmen will, sich damit zu be-schäftigen.

Treten Leute wegen des Geldes aus der Kirche aus? Ja. Aber bei manchen hat man auch den Eindruck, sie müssten es so formulieren: "Das, was ich bei der Kirche erlebt habe, ist mir nicht so viel wert, dass ich dies Geld dafür ausgeben möchte." Das bedeutet: Der tiefere Grund ist, sie haben Kirche nicht attraktiv erlebt. - Was müsste passieren, damit ich Kirche attraktiv erlebe?

 

Und dann muss man ganz klar zugeben: Wir in der Kirche machen wirklich Fehler! Wir verletzen. Bewusst oder unbewusst. Und wir haben nötig, Entschuldigung zu sagen!

 

Ein Gespräch...

...über einen möglichen Austritt könnte eine Chance dar-stellen. Eine Chance, über solche Themen zu sprechen. Aber auch die Möglichkeit zur Entschuldigung oder Klärung.

 

Denkbar wäre ebenso zu fragen, was mit der Kirchensteuer gemacht wird, was Kirche und Diakonie für die Gesellschaft leisten. Dietrich Bonhoeffer hat den Satz geprägt "Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist".

So trägt die Kirche bei zur Finanzierung von Kinder-tagesstätten, Behindertenwerkstätten, Familienhilfe, Seniorenarbeit, Sterbebegleitung, Notfall-seelsorge, Gefängnisseelsorge, Jugendhilfe, Krankenhäuser, Flüchtlingshilfe, Beratungsstellen... - Überwiegend werden Menschen gefördert. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich für andere Men-schen einsetzen.


Dadurch sind die evangelischen Kirchen einer der größten Arbeitgeber in Deutschland. Genauso wichtig ist, dass die Kirchengemeinden allein in Niedersachsen mehr als 100.000 Ehrenamtliche bewegen. Sie besuchen Alte und Kranke, feiern Kindergottesdienste, pflegen Pilgerwege, leiten Gruppen, singen im Chor, teilen den Gemeindebrief aus, kommen mit dem Trecker und packen praktisch mit an, helfen bei einer Freizeit, haben ein offenes Haus für Jugendliche mit Problemen... -  Sie sorgen für ein lebendiges Gemeindeleben.

 

Natürlich wird viel Gutes vom Staat finanziert und von anderen Organisationen durchgeführt. Aber: Diesen Schatz der Kirche zu behalten und gleichzeitig neue gesellschaftliche Herausforderungen im Blick zu haben, gelingt, wenn die Finanzen dafür zur Verfügung stehen.

In Ahlerstedt...

...treten Leute aus. Weniger als im Durchschnitt, aber einige. Die Mitgliederzahl liegt momentan bei etwas unter 3000.

 

Wir danken von Herzen für alles, was bei uns gut läuft! Wir bitten um Vergebung, wenn wir Fehler gemacht haben. Wir ermutigen, Kritik in Liebe zu sagen. Wir wünschen sehr, dass viele sich ehrlich bei uns zu Hause fühlen und mitmachen! Letztlich bei Gott selbst zu Hause fühlen. Nur so kann es schön sein.

 

„HIER SIND WIR ZU HAUSE“